So gesehen kein "historischer Film" im klassischen Sinne, da er aber von einem zeitgeschichtlichen Ereignis handelt denke ich passt er hier gut rein:
Als ich erfuhr dass es über die Geschichte der WAA Wackersdorf einen Film gibt musste ich ihn natürlich unbedingt sehen. Wackersdorf im Landkreis Schwandorf ist von meiner Heimat Cham sozusagen nur einen Steinwurf entfernt, ist es doch der Nachbarlandkeis. Ich persönlich bin durch die Erzählungen aus meinem Familienkreis als kleiner Junge mit dem, was dort geschehen ist aufgewachsen und daher war es auch emotional für mich natürlich eine Anliegen den Film unbedingt zu sehen.Die Ereignisse um dem Bau der WAA Wackersdorf ist auch heute, selbst über 30 Jahre danach, noch fest im Bewusstein der Einheimischen verankert . Wer die Hintergründe noch nicht kennt und daran Interesse hat kann das hier nachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiederauf ... ackersdorf
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des damaligen SPD-Landrats Hans Schuierer. Anfangs ist er davon begeistert, das sein Landkreis, im strukturschwachen Norden der Oberpfalz gelegen, als Standort für einen Wiederaufbereitungsanlage der Atomindustrie ausgesucht wurde. Die strukturschwache Region steht am wirtschaftlichen Abgrund und hier bietet sich ein Ausweg aus der Misere. 3000 neue Arbeitsplätze soll die Industrieanlage bringen, das Ganze sei sicher und es könne nichts passieren, so zumindest die Landesregierung in München und die Firma die dort den radioaktivern Müll lagern will. Ein paar Umweltaktivisten sind bereits dabei Widerstand zu leisten, und als der bayerische Staat anfängt mit harten Maßnahmen jenseits jeglicher Rechtsstaatlichkeit den Widerstand um jeden Preis zu brechen kommen Schuierer Zweifel, noch dazu dass er als jemand der keine Ahnung von Atomkraft und deren Risiken hat, anfängt sich über die Thematik schlau zu machen. Und da erfährt er dass ein solche Anlage für Mensch und Umwelt unabsehbare und gravierende Folgen haben kann, vor allem wenn etwas schief läuft. Er entschließt sich dazu das Projekt abzulehnen, dadurch zieht er sich den Zorn seiner Parteikollegen, vor allem dem Bürgermeister von Wackersorf (der nebenei ein langjähriger Freund von ihm zu), zu und immer mehr wenden sich von ihm ab. Auch die Landesregierung in Bayern unter Strauß setzt ihn mehr unter Druck. Schuierer, seinem Gewissen verpllichtet, gibt aber nicht auf und nimmt die Herausforderung an...
Soviel zur Ausgangssituation des Films. Übrigens: Die im Film zitierte "Lex Schuierer", die die Landräte entmachtet hat, gibt es tatsächlich und gilt in Bayern bis heute (Details siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lex_Schuierer ). Der Film ist wirklich sehr gut gemacht und hervorragend besetzt (grandios: Sigi Zimmerschied in einer Nebenrolle als bayerischer "Umweltminister"). Man könnte fast sagen das Ganze ist aufgebaut wie ein Heimatfilm, ohne aber kitschig zu sein. Er ist ein Plädoyer für Zivilcourage und eine Mahnung, schnelles Profitdenken nicht über den gesunden Menschenverstand und den Schutz der Heimat zu stellen. Eingestreut werden immer wieder Archivaufnahmen der damaligen Zeit, die auch "unschöne Szenen" nicht ausspart, wie etwa das einprügeln von Polizisten auf friedliche Demonstranten oder der Abwurf von Tränengas aus Polizeihubschraubern auf Mütter und Kinder). Die bayerische Polizei war damals in der Tat nicht zimperlich (was sie heute übrigens immer noch nicht ist), daher haben progressive und moderate Bayern immer noch Bedenken zwecks der Rechtsstaatlichkeit der bayerischen Polizeibehörden (Stichwort: Polizeigewalt) und über die offensichtlichen Probleme diesbezüglich wird von der bayerischen Staatsregierung immer noch gerne hinweggesehen. Der Film endet mit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 (auch hier werden Archivaufnahmen, u.a. vom damaligen CSU-Bundesinnenminister Zimmermann oder Wolfgang Schäuble, damals "Minister für besondere Aufgaben", eingestreut die die Bevölkerung über die wahren Ausmaße der Katastrophe schlicht belügen). Fazit: Ein grandioser Film, ein Statement für das Einstehenden der eigenen Überzeugungen anhand eine Episode im bayerischen Hinterland. Absolut empfehlenwert!