Sumerer und Astrologie

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Carmenta
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Sumerer und Astrologie

Beitrag von Carmenta »

Was man leicht auf Wikipedia nachlesen kann, werde ich hier nicht wiederholen, also wann und wer die Sumerer waren und die Merkwürdikeiten ihrer Sprache. Mir geht es um die Entstehung der westlichen Astrologie.

Die Sumerer vor ca. 4500 Jahren betrieben zwei "Hobbies": Sterne gucken und Informationen sammeln/aufschreiben.

Wenn man in einer klaren Nacht an den Himmel schaut, gibt es zwar viele Sterne, aber wie will man Erscheinungen dort als Information aufschreiben? "Der helle Fleck zog sich von Halblinks unten nach oben hin"? - Nicht sehr brauchbar. Deshalb erfanden die Sumerer als erstes die Sternbilder: Sie verbanden optisch helle Sterne zu "Bildern" und gaben ihnen Namen. (Es wird vermutet, dass dies im Prinzip schon frühere Menschen taten, aber sie schrieben nichts dazu auf und so blieb das unverbindlich).
Sternbild Walfisch, Wikimedia Commons, Till Credner
Sternbild Walfisch, Wikimedia Commons, Till Credner
Das älteste Sternbild ist wahrscheinlich Tiamat (heute: Cetus, Walfisch). Es soll ein Meeresungeheuer sein, die Hälfte von Marduks Mutter Tiamat, die er erschlug: Eine Hälfte wurde die Erde, die andere zum Sternbild. Heute teilen wir den Himmel automatisch in Sternbilder ein, wenn wir ihn beschreiben wollen. Die sumerische Methode wird bis heute verwendet, weil sie einfach praktisch ist.

Man sollte sich jedoch klar machen, dass die Sternbilder nicht wirklich existieren. Sie sind zweidimensional, während der Weltraum dreidimensional ist. Deshalb werden da Sterne zu Bildern zusammengefasst, die manchmal Millionen von Lichtjahren voneinander entfernt sind und gar nichts miteinander zu tun haben. Es sind "hineingeguckte" Bilder, wie man es auch manchmal mit einer Wolke macht.

Aber weil sie so gut geeignet sind, Ortsangaben am Sternenhimmel zu präzisieren, hat sich diese Methode bis heute erhalten.
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André
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von André »

Danke für den Beitrag! Es ist schon faszinierend.
Wenn man bedenkt, daß sich die Menschen schon vor 4500 Jahren damit befassten, so ist dies sehr eindrucksvoll.
Also könnte man die Sumerer in Teilen, als Erstes Volk bezeichnen, welches Astrologie an sich, betrieben hat?
Carmenta
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von Carmenta »

Eine kurze Zusammenfassung von 2000 Jahren Frühgeschichte (bis ungefähr 1000 v. Chr.)

Bei den täglichen (besser: nächtlichen) Himmelsbeobachtungen machten die Sumerern eine Entdeckung:
Genau im Osten, also da, wo die Sonne gleich aufgehen würde, gingen im Lauf des Jahres 11 Sternbilder auf, was sich jedes Jahr wiederholte.

Der Kreislauf begann zum Zeitpunkt der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche mit den Sternbild Ackerbauer, dann folgte der Himmelsstier, Doppelbild, Schildkröte, Löwe, Ackerfurche, Skorpion, Krieger, Ziegenfisch, Deukalion, Schwänze. Aufgrund der jährlichen Wiederkehr nahmen die Astrologen an, dass diese 11 Sternbilder einen Kreis am Himmel bilden. Sie definierten diese Sternbilder als Wohnsitze ihrer Götter. Zeitweise wurden die Scheren des Skorpions als eigenes 12. Sternbild Waage betrachtet, aber das wurde endgültig erst im 3. Jahrhundert v. Chr. festgelegt.

Gleichzeitig beobachteten sie, dass im Gegensatz zu den scheinbar unveränderlichen Sternbildern in ihnen sich bewegende "Sterne" erschienen, die sich unterschiedlich schnell bewegten. Diese Sterne sahen sie als Botschafter der Götter an. Ihre Bewegung, Erscheinung, Verfinsterung, scheinbarer Rückwärtslauf, usw. wurde beobachtet und als Nachricht der diesem Stern zugeordneten Gottheit interpretiert. Für die Deutung gab es Orakel"bücher", in denen die Astrologen nachschlagen konnten.

Diese Art Astrologie war komplett in der Hand der Tempel. Es war die Aufgabe der Astrologen-Priester jederzeit festzustellen, was die Götter wollten, dies dem König mitzuteilen, so dass dieser den Frieden mit den Göttern halten konnte.

Wird weitergeführt . . .

Carmenta
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André
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von André »

Danke!
Also kann ich davon ausgehen, dass die Sumerer in den Sternzeichen (mit den oben aufgeführten Namen) diese als Gottheiten betrachtet haben?
Wurden diesen Göttern auch geopfert oder blieb die Huldigung ohne Blutvergießen?
Ich möchte nichts durcheinander bringen - doch auch die Griechen hatten Orakel welche Ihnen Kriegsausgänge "wahrsagten". Und auch diese oblagen der Tempel.
Ich für mich persönlich sehe da schon einen Zusammenhang
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von Carmenta »

André hat geschrieben: So Feb 02, 2020 6:17 pm Also kann ich davon ausgehen, dass die Sumerer in den Sternzeichen (mit den oben aufgeführten Namen) diese als Gottheiten betrachtet haben?
Zweimal nein. Oben aufgeführt sind Sternbilder, keine Sternzeichen, das ist etwas ganz Anderes. Die Sternbilder waren die Häuser (Paläste) der Götter, nicht die Götter selbst. Demnächst mache ich mal eine Tabelle dazu. Sternbilder dienten immer nur der Ortsbestimmung und hatten keine sonstige Eigenbedeutung.
André hat geschrieben: So Feb 02, 2020 6:17 pm Ich möchte nichts durcheinander bringen - doch auch die Griechen hatten Orakel welche Ihnen Kriegsausgänge "wahrsagten". Und auch diese oblagen der Tempel. Ich für mich persönlich sehe da schon einen Zusammenhang
Die griechischen Orakel hatten nichts mit den Sternen zu tun. Die sumerischen Orakel bezogen sich auf bestimmte Konstellationen.
Ein Beispiel aus dem Jahr 1970 v. Chr.:
"Wenn die Venus am 11. Duzu im Westen aufleuchtet, so wird es Feindschaft im Land geben, aber die Feldfrüchte werden gedeihen."
Es war schon "richtige" Astrologie.

Orakel gab es auch im römischen Reich: Die Sibyllinischen Bücher. Da gab es extra ein Collegium, das diese befragen musste, wenn der Staat in Not geriet.

Gruß
Carmenta
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André
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von André »

Ich danke Dir für die Aufklärung.
Carmenta
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Re: Sumerer und Astrologie

Beitrag von Carmenta »

Wer sich bereits ein wenig über Astrologie informiert hat, wird in dem Kreis der Sternbilder unschwer das erkannt haben, was wir heute "Tierkreis" nennen. Diesen Namen haben aber erst die Griechen im 1. vorchristlichen Jahrhundert gegeben: Zodiakos. Wörtlich übersetzt "Kreis von Lebewesen"; dabei bezogen sie sich allerdings auf den 11er-Kreis ohne die Waage, denn die ist kein Lebewesen. Aber als man sich auf den 12er-Kreis geeinigt hatte, blieb der Name.
Der deutsche Name ist eine etwas unglückliche Übersetzung, denn Jungfrau, Schütze oder Wassermann sind auch keine Tiere. Aber er ist fest eingebürgert.

Bei den Sumerern, Akkadern und Babyloniern galt dieser Kreis von Sternbildern als stabile Möglichkeit, die Position eines beweglichen Himmelskörpers zu definieren, zwischen Planeten und einigen Fixsternen wie z. B. dem Sirius wurde allerdings noch nicht unterschieden. Man ging allein nach der Helligkeit.

Den Priester-Astrologen genügten nach einigen Jahrhunderten die Orakelsprüche nicht mehr und sie begannen systematisch Daten zu sammeln. Man schrieb die jeweilige Tageskonstellation auf und was sich an diesem Tag ereignete (jahrhundertelang jeden Tag). So entstanden riesige Datensammlungen, die zum größten Teil bis heute noch nicht übersetzt sind. Aber nachfolgende Sterngucker benutzten diese Sammlungen: Wenn sie bestimmte Positionen von Planeten sahen, konnten sie nachlesen, was bei einer entsprechenden Konstellation früher schon einmal passiert war, und so eine Deutung formulieren. Die Erfahrungen, die auf diese Weise erworben wurden, legten die Grundlage für die Astrologie. Die babylonischen Magi von denen in der Bibel berichtet wird und die heutzutage irrtümlich "Heilige drei Könige" heißen, haben aufgrund dieser Erfahrungen einen "König der Juden" gesucht. Selbst Ptolemäus, der zu Beginn des 2. nachchristlichen Jahrhunderts das erste "Lehrbuch" der Astrologie schrieb, bezog sich auf diese "Astronomischen Tagebücher".

Ab 800 v. Chr. wurde dann alles ganz anders . . .

Gruß
Carmenta
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