Reitergrab entdeckt
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Reitergrab entdeckt
Die schwäbische Gemeinde Nordendorf ist für die Archäologen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege schon lange kein unbekanntes Terrain. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden hier mehrere hundert Gräber aus dem Frühmittelalter freigelegt. Trotzdem betrachten sie das im vergangenen Sommer in der Nähe davon entdeckte Grab eines Reiters als kleine Sensation. Der jüngste Fund wurde nun vorgestellt.
An diesem Montagvormittag herrscht im Werkstattgewölbe des Landesamts ein paar Schritte entfernt vom Münchner Marienplatz reges Gedränge. Zum Pressetermin sind nicht nur Journalisten von Zeitung, Rundfunk und Fernsehen gekommen. Kurz vor elf trifft auch Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) ein, begleitet von Generalkonservator Mathias Pfeil, der dann den präsentierten Fund auch schon einmal einordnet. „Die Grabbeigaben belegen: Der Reiterkrieger muss etwas besonderes gewesen sein“, erklärt Pfeil.
Wer also war dieser Nordendorfer Reiter und was verraten die bei seinem Skelett gefundenen Grabbeigaben? Im Sommer letzten Jahres stießen Archäologen zwischen Bahnlinie und Bundesstraße 2 auf zwei Gräber, die wohl Mitte des siebten Jahrhunderts nach Christus angelegt worden waren. Im ersten kamen die sterblichen Überreste eines 30 bis 50 Jahre alten Mannes und ein Pferdezaumzeug zum Vorschein. Weitere Beigaben sind mit großer Wahrscheinlichkeit bei einer nachträglichen Öffnung des Grabs entnommen worden.
Als Reiter ausstaffiert
Anders im Fall des zweiten Grabs, das offenbar unversehrt blieb. Wie Archäologin Ruth Sandner vom Landesamt erläutert, barg es das Skelett eines 20 bis 40 Jahre alten Mannes, etwa 1,80 Meter groß, der mit voller Bewaffnung beigesetzt worden ist. „Er war als Reiter ausstaffiert“, erklärt Sandner. Außer Sporen wurden in der Grab-stätte Schwerter, Schild, Lanze und ein Zaumzeug gefunden. Sogar das Pferd hatte man beigesetzt – wenige Meter entfernt von seinem Reiter.
Doch vor allem interessieren sich die Forscher für weitere Grabbeigaben, die hohen Seltenheitswert haben. Am Schädel des Skeletts nämlich fand man drei kleine Goldblattkreuze. Diese „waren an einem Textil angenäht, das dem Verstorbenen übers Gesicht gelegt wurde“, führt die Archäologin aus.
Drei Goldblattkreuze weisen den Bestatteten als Christen aus. (Foto: U. Schwab)
Demnach trug der Reiter den Schmuck nicht zu Lebzeiten. Sehr wohl aber belegen die Kreuze, dass er Christ war.
Geschirr vom Mittelmeer
Weitere Beigaben geben den Mittelalterforschern jedoch einige Rätsel auf: ein „koptisches Geschirr“, bestehend aus einer Bronze-Kanne und einer Griffschale. Letztere weist sogar eine Reparaturstelle auf: sie hat nicht mehr den Originalgriff. Hergestellt wurde das Geschirr wohl im Mittelmeerraum, wahrscheinlich in Ägypten. Wie also kam es in den Besitz des Nordendorfer Reiters? „Persönliche Beziehungen, aber auch Handel könnten dabei eine Rolle gespielt haben“, vermutet Sandner. Jedenfalls handelt es sich um „Prestige-objekte eines Adligen“. Und das sei neu in Nordendorf, betont die Archäologin.
Woran nun dieser in der gesellschaftlichen Hierarchie hochstehende Alemanne starb, ist unklar. Jedenfalls stehen die Beigaben nicht mit seinem christlichen Glauben im Widerspruch. Schließlich war es bis ins neunte Jahrhundert üblich, Verstorbene mit Beigaben zu bestatten. Erst dann endete dieser Brauch.
Noch eine weitere Entdeckung hat die Archäologen im Fall der Nordendorfer Gräber überrascht. Das in historischer Zeit geöffnete, geplünderte erste Grab war mit Schutt von Gebäuden aus der Römerzeit aufgefüllt. Den Fachleuten vom Denkmalamt zufolge lässt das auf eine römische Bebauung in der Nähe schließen, von der aber bislang nichts bekannt war.
Siedlung an Via Claudia?
Weitgehend bekannt ist aber der Verlauf der bedeutenden Römerstraße „Via Claudia Augusta“ in dieser Region vom heutigen Mertingen lechaufwärts nach Augsburg. Lag also nahe der Fundstelle eine römische Siedlung an der Straße? Auch da bieten die Funde erhellende Mosaiksteinchen bei der Rekonstruktion einer bis heute in vielerlei Hinsicht noch grauen Vorzeit.
QUELLE :
https://www.katholische-sonntagszeitung ... 0-15-56-00